Seit Jahren liebe ich es in Friedrichshain durch die Gegend zu spazieren. Überall wohin ich sehe, sehe ich Kunst. Die Wände sind bemalt, die Laternen sind beklebt, die Läden haben ihren eigenen Charme und jede Person ihren eigenen Stil. Ich liebe die Vielfältigkeit. Damals war ich an diesem Ort mit Freundinnen oft in einer Shishabar. Wir quatschten, lachten und tranken bis wir keine Lust mehr hatten und genossen jede einzelne Sekunde. Über Jahre ging ich in der Simon Dach Straße zum Haare schneiden. Hingehen, Nummer ziehen und los. Ohne Termin konnte ich nach Belieben einfach vorbei schneien. Irgendwie hatte für mich das was mit Freiheit und Unabhängigkeit zu tun.
Oftmals streifte ich Sonntags über den Boxhagener Flohmarkt und gab mich den Düften von Essen, Seifen und alten Büchern hin. Der Vibe von alten Kassetten, Möbeln und Vinylplatten, neuen Kleidungsstücken und Schmuck umarmte mich auf meinem Spaziergang auf dem Markt. Vergnügt lief ich mit einem Stück Pizza zu einer Bank und setzte mich hin. Dieser Platz ist einzigartig. Innen ist eine große Wiese und ein Spielplatz, wo ich viele Eltern mit ihren Kindern spielen sah. Aber auch andere Altersgruppen genossen die Atmosphäre auf dem Rasen und erfreuten sich an ihrer Gesellschaft. Rings um den Platz stehen die Marktstände in einem Kreis aufgestellt und überall tummelten sich die Menschen, bis vor zwei Jahren alles dicht gemacht wurde. Die Warschauer Straße war leer. Café an Café reihen sich in den Straßen, Restaurants, Clubs und kleine Läden kommen noch dazu. Doch eine ganze Zeit lang war alles still. Eines Tages spazierte ich durch meine liebste Gegend und sah weder Mensch noch offene Geschäfte. Wie leergefegt zeigte sich mir die Gärtnerstr., nur die Kunst war noch da. Die bemalten, beschmierten und beklebten Häuser ließen nur erahnen was hier normalerweise los ist und es schien als würde selbst ihnen etwas fehlen. Nämlich die Menschen, die die Gegend erst komplett machten. Nun, wo alles wieder offen hat herrscht wieder leben auf den Straßen. Gestern zum Beispiel war ich bei einer kleinen Poetry Show der etwas anderen Art. Ich suchte den Eingang der kleinen Location und ich betrat einen Raum mit einer Bar, Bühne und Sitzgelegenheiten. Ich bestellte mir eine Cola und setzte mich mit einer Freundin an einen Tisch. Gespannt betrachtete ich die Menschen beim Aufbau der Geräte. Bestaunte das Bühnenbild und wartete auf den Beginn. Stand up Comedians versuchten sich an Poesie und ließen ihre Wortgewandheit mit Humor in den Raum gleiten. Die Zuschauer*innen lachten beherzt auf und auch ich konnte mich oftmals nicht zurück halten. Die Schnipsgeräusche untermauerten einzelne Pointen und gaben mir das perfekte wohltuende Poetryslam Feeling. Nach den letzten Jahren des Beziehungs- und Corona Disasters tat diese Unterhaltungsveranstaltung mir unglaublich gut. Ausgelassen lachte ich bei den Witzen und ließ für einen Moment alles was war hinter und alles was noch kommen wird vor mir. Es war schön wieder unter Menschen zu sein, dessen Gesichter du erstens nicht kennst, aber endlich wieder auch ohne Maske betrachten kannst. Mir wird immer mehr bewusst wie wir ein Teil eines Ganzen sind, auch wenn wir uns noch nie zuvor begegnet waren.